#metoo – Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz als Hochzeitsplanerin
Es ist in diesem Jahr, 2018, nicht zum ersten Mal passiert. Eigentlich kam es schon ganz oft, und unterschiedlich vor.
Es war in Italien. Wir haben alle in einer schönen Villa gewohnt, als der Trauzeuge meinte, ob ich schnell mitkommen könnte, er habe da noch etwas. Natürlich bin ich davon ausgegangen, dass er noch eine kleine Überraschung für die Frischvermählten hatte. Im Zimmer angekommen packte er sein Gemächt aus. Gut hatte ich flache Schuhe an und rannte davon.
Ein anderes Mal im Berner Oberland, als nachts jemand an der Türe klopft und hämmert. Auch in diesem Moment war ich pflichtbewusst und dachte, es sei etwas mit der Hochzeit. Es war der Brautvater mit einer Flasche Champagner, gut angeheitert der unbedingt in mein Zimmer wollte, ich habe ihm den ganzen Tag schon so gut gefallen. Vermutlich hat das laute Rebellieren dann jemand im Hotelflur gehört und er zog ab.
In diesem Jahr war nur anders, dass ich es dem Brautpaar gesagt habe. Beim Debriefing wurde mit gesagt, nicht immer den richtigen Ton getroffen zu haben am Hochzeitstag. Das stimmt; erst wurde ich von Gästen beschimpft, andere haben mich ausgebootet und dann waren es zwei männliche Gäste, die sehr körperlich wurden.
Es schauten Hochzeitsgäste dabei zu. Ich musste mich schnell entscheiden und beliess es bei einem gekünstelten Lächeln, als der eine Herr mir auf den Arsch langte. Es machte auf mich den Eindruck, als seien auch sie damit überfordert. Auch der andere Gast kam mir ständig zu nah, begrabschte mich und ja, ich konnte in meiner Position weder unfreundlich noch harsch reagieren – WEIL ich dann ja die unfreundliche Hochzeitsplanerin bin.
Ich musste Contenance bewahren, meinen Job machen, der in diesem Fall eine meiner grössten Herausforderungen überhaupt war. Es gab viele Probleme im Hintergrund, kühlen Kopf bewahren war gar nicht mehr einfach. Es ging darum zu funktionieren und die grosse Hochzeitsgesellschaft und die vielen Dienstleister professionell zu begleiten. Dabei ist mein Charme zu kurz gekommen, mein Lächeln war offensichtlich zu künstlich und die Stimmlage zu kühl.
Kann man am Arbeitsplatz nicht «normal» reagieren?
Privat hätte ich das getan und jeder hätte meine Stimmung verstanden. Jetzt bin ich eine sehr schlechte Schauspielerin und muss mir überlegen, was ich 2019 mache, wenn wieder Hochzeitsgäste ihre Hände nicht bei sich lassen können.
Ich bin dankbar, dass dieses Brautpaar mit dem Handeln Ihrer Gäste nicht einverstanden ist. Sie waren ebenfalls bestürzt.
Ihre
Evelyne Schärer
Hochzeitsplanerin seit 2004