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«Ich kämpfe um meine Existenz»

Das Coronavirus zwingt allen einen neuen Alltag auf – seit einem halben Jahr. In der Krise will sich niemand das Ja-Wort geben. Hochzeitsplanerin Evelyne Schärer kämpft für ihre Existenz und gegen Vorurteile.

In einer Artikelserie lässt «Bluewin» Menschen über ihren Corona-Alltag erzählen.
Teil 1 vom Interview

«Seit dem Lockdown hatte ich noch keine einzige Hochzeit. Normalerweise sind es 20 bis 30 Brautpaare, die ich in der Hochsaison begleite.

In der Krise will sich fast niemand das Ja-Wort geben. Nur für zwei Paare plane ich nun im Oktober den grossen Tag. Ein Brautpaar hat sich gar spontan entschieden jetzt zu Heiraten, weil ihnen eine unkomplizierte Hochzeit entgegenkommt. Der Bräutigam ist froh, dass er so nicht den ganzen Verlobungszirkus mitmachen muss.

Seit 16 Jahren widme ich mich leidenschaftlich und vollberuflich dem Hochzeitenplanen. Meine Berufung ist ein Risiko, denn es gibt kaum jemanden, der von Hochzeiten leben kann. Nach meiner Scheidung war es zwar hart, aber bisher bin ich nie auf Geld von anderen angewiesen gewesen. Seit dem Lockdown kämpfe ich nun um meine Existenz. Die meisten Hochzeiten, die ich plane, finden zwischen April und Oktober statt. Der Coronastillstand legt nun die ganze Hochsaison lahm.

Im Winter plane ich, dann verdiene ich kaum Geld. Deshalb habe ich auch nicht viel auf der hohen Kante. Das Geld reicht im Moment genau für die Miete und die Krankenkasse. Die Kurzarbeitsentschädigung läuft diese Woche aus, seit Juni springt die SVA ein.

Es reicht kaum zum Leben, und schon gar nicht für Luxus. Letzte Woche war ich das erste Mal seit dem Lockdown wieder beim Coiffeur. Ich verkaufe jetzt Whirlpools und bin sehr dankbar für diese Chance. Doch mein Herz schlägt weiterhin für die Liebe. Es ist so schlimm, wenn man nicht mehr das tun kann, was man liebt.

‹Du brauchst nicht zu jammern, du logierst ja immer in Fünfsternehotels› – mit solchen Vorurteilen werde ich konfrontiert, wenn ich von meiner Situation erzähle. Auf ein Interview hin habe ich unter anderem anonyme Briefe erhalten: Ich sei eine schlechte Unternehmerin und hätte meine Hausaufgaben nicht gemacht.

Die wenigsten wissen, dass Brautpaare im Durchschnitt 25’000 Franken für ihre Hochzeit ausgeben – und gerade mal 10 bis 15 Prozent vom Budget wird für die Hochzeitsplanung gerechnet. Ich übernachte auch nicht in Luxushotels, sondern meist in einem günstigeren Hotel in der Nähe. Es ist heftig, wie die Gesellschaft auf einem reagiert. Da muss ich mir immer wieder vor Augen führen, dass es nicht an mir liegt. Ich widme mich aus Leidenschaft meinem Beruf, nicht des Geldes wegen.

In Krisen besinnt man sich auf die echten Werte.

Für mich ist das Schlimmste, dass keine Anfragen für nächstes Jahr reinkommen. Bisher hat mich eine einzige E-Mail erreicht, von einer Dame, die sich fürs Heiraten 2021 interessiert. Die Menschen sind derart verunsichert, dass sie ihre Hochzeitspläne auf Stand-by stellen. Ich denke, es wird nun alles sehr kurzfristig geplant, weil niemand weiss, was nächstes Jahr mit dem Coronavirus läuft.

Eine Hochzeit hatten wir im Frühling in den Oktober verschoben, alle anderen auf nächstes Jahr. Die Planung stellt mich vor spezielle Herausforderungen: Umarmungen, Küsschen, Händeschütteln – wie organisieren wir das Beglückwünschen des Brautpaares? Wie handhaben wir die Distanzregeln bei der Trauung?

In der Kirche müssen wir Reihen auslassen. Wir dürfen keine Singbücher verteilen, die Gäste lesen die Liedertexte nun ab Smartphone. Auch die Einladungen sind digital verschickt worden. Viele Gäste haben aber aus Angst vor der Coronasituation abgesagt. Abends gibt es kein Buffet, alle Speisen werden an extragrossen Tischen serviert. Um Abstands- und Hygieneregeln einhalten zu können, müssen wir alles neu andenken.

Meine Zukunft als Hochzeitsplanerin liegt in den Sternen. Doch bleibe ich zuversichtlich.
Es ist immer so, dass sich Menschen in Krisen auf die echten Werte besinnen, und da zählt die Liebe sicher dazu.
Ich glaube, dass sich im Moment viele Paare verloben, die später dann heiraten.
Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude – diese hält im Coronastillstand nun länger an.»

Aufgezeichnet von Sulamith Ehrensperger, Bluewin
Zum Artikel von Bluewin

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