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Tages Anzeiger – Hühnerpartys – Polterabend

Dörfli-Bewohner nerven sich über die Hühnerpartys

Polterabende werden immer öfter lauthals im Niederdorf gefeiert. Vor allem von Frauen.

Zürich – Samstagabend im Niederdorf: Eine Gruppe von jungen Frauen zieht mit einem Einkaufswagen durch die engen Gassen. Die Frauen tragen weisse Hauben und haben schwarze Servierschürzen umgebunden. Sie sind ziemlich angeheitert, lachen laut und viel und quatschen junge Männer an: «Kaufen Sie einen Shot oder ein Tombolalos, wir sammeln für die Hochzeit.» Die meisten Männer, die sich erweichen lassen und einen Fünfliber lockermachen, verzichten auf das Los, dessen Hauptgewinn angeblich ein BMW ist. Sie nehmen lieber das Gläschen mit dem Hochprozentigen.

Die zukünftige Braut trägt einen weissen Schleier. Sie muss als eine der vielen «Mutproben» einem ihr unbekannten Mann ein zwanzig Zentimeter langes Haarstück abschneiden. Kein leichtes Unterfangen, die meisten Männer tragen kurze Haare. Kurze Zeit später treffen sie auf eine andere Frauengruppe. Ein lautes Hallo, Küsschen links und rechts auf die Wangen. Die Frauen dieser Gruppe sind mit einem aufgeklebten Schnauz verkleidet. Sie verkaufen den Passanten keine Lose oder Alkohol, sondern Rosen aus Schokolade; das Stück für fünf Franken. Auch diese Frauen sind aufgekratzt, ziemlich betrunken, fotografieren sich gegenseitig, lachen und johlen.

Unerträgliches Johlen

Hen-Party (Hühnerparty) oder Ladies Night heisst das Phänomen, das vor allem im Zürcher Niederdorf an den Wochenenden zu beobachten ist. Nicht nur die Männer, auch Frauen feiern den Polterabend vermehrt in der Öffentlichkeit; viele mit Perücken oder Teufelshörnern. Zudem sammeln sie Geld für das Fest. In der Hochzeitssaison sei das Quietschen, Klatschen, Johlen und Schreien der meist angetrunkenen jungen Leute unerträglich, sagt eine Anwohnerin am Hirschenplatz. Die Gruppen von Männern und Frauen würden lauthals durchs Dörfli ziehen und mit mehr oder weniger lustigen Spielen und «Mutproben» die Bewohner nerven, sagt sie.

Am letzten Samstag waren innert kurzer Zeit gleich fünf Gruppen zu sehen: vier Hen-Partys und ein Junggesellenabend. Der Bräutigam war von seinen Kumpels verknurrt worden, als Bär verkleidet herumzugehen. Seine Begleiter trugen schwarze T-Shirts mit der weissen Aufschrift «Er heiratet». In einer der Frauengruppen trugen alle Teilnehmerinnen knallrote Perücken. Eine verkaufte Kondome, die sie in einem Bauchladen mit sich herumtrug.

Nicht direkt vor der Hochzeit

Der Brauch der öffentlich zelebrierten Junggesellenabende stammt ursprünglich aus Grossbritannien, den USA und Kanada, weiss Evelyne Schärer, Zürcher Hochzeitsplanerin und Besitzerin der Agentur Your Perfect Day. Sie hat ebenfalls festgestellt, dass in den letzten Jahren vermehrt Ladies Nights und Junggesellenabende im Dörfli durchgeführt werden. Offensichtlich sei dieser Brauch in Deutschland abgeschaut worden, wo Gruppen von betrunkenen und verkleideten jungen Männern oder Frauen mit alkoholischen Getränken im Leiterwagen bald schon zum Stadtbild gehörten. Im Internet gibt es ein breites Angebot an Bauchladen für den Junggesellinnenabschied.

Es sei Aufgabe der Freundinnen der Braut, Geld für den Brautstrauss zu sammeln und Dinge zu verkaufen, sagt Schärer. Das können Getränke und Süssigkeiten sein oder auch Küsse. Ganz fies sei jene Mutprobe gewesen, bei der die Braut Herzen, die auf ihrem T-Shirt angebracht gewesen seien, zum Kauf habe anbieten müssen. Die männlichen Passanten durften auswählen, welches Herz sie aus dem T-Shirt ausschneiden wollten und mussten je nach Platzierung mehr oder weniger dafür bezahlen. «Oft geraten die zukünftigen Brautleute vor dem Polterabend in Panik, vor allem dann, wenn die Trauzeugen und Kollegen zu überborden drohen», hat die Hochzeitsplanerin beobachtet. Deshalb empfiehlt sie ihren Kunden, den Polterabend immer ein paar Wochen vor der Hochzeit durchzuführen. So sind allfällige Verletzungen, verursacht durch Mutproben oder zu hohen Alkoholgenuss, am Hochzeitsfest wieder geheilt.

Böse Geister verjagen

Schärer sagt, dass es sich bei den Anlässen streng genommen nicht um Polterabende handle. Bei diesen ursprünglich heidnischen Bräuchen sei das Paar immer zusammen. Es werde gemeinsam Geschirr zerschlagen – ja nicht Glas, weil dies Unglück bringe. Mit dem Poltern werden die bösen Geister verjagt.

Von Stefan Hohler

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